Otto Prutschers Augarten Teetisch von 1925

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Otto Prutschers Augarten Teetisch von 1925

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Abbildung: Werbefoto aus dem Archiv der Porzellanmanufaktur Augarten von der Fotografin Ilona Kiss (Studio ILKA), 1925 © Augarten Wien

„Neue Standards der Moderne auf dem Teetisch von 1925 mit dem brandneuen Teeservice Nr. 5 des Architekten und Designers Otto Prutscher aus der Manufaktur Augarten, dekoriert mit Linien und Blättern in ‚ägyptischem Rot‘. Das Tischtuch mit stilisierten Früchten und Blüten ist ebenfalls auf neueste Art im Stil von Hilda Jesser gestaltet. Die Löffel liegen diagonal ausgerichtet neben dem Teller, Tabletts mit kunstvollen Canapés werden als unkomplizierte und doch elegante Bissen (Bridgebissen!) mit verschiedenen Zangen und Schiebern serviert.“ (Text: Claudia Lehner-Jobst, Adventskalender Instagram Augarten Porzellanmuseum Dezember 2023)

Abbildung: Tasse aus dem Teeservice Nr. 5 des Architekten und Designers Otto Prutscher, Porzellanmanufaktur Augarten, dekoriert mit Linien und Blättern in ‚ägyptischem Rot‘, Wien, um 1925 (Privatbesitz Annette Ahrens Tafelkulturistin, Wien)

Abbildung: Silberbesteck, Entwurf: Otto Prutscher (Wien, 1880-1949), Ausführung: Firma J. C. Klinkosch, Wien, 1925, gemarkt mit Meisterzeichen Helm mit offenem Visier, Silberfeingehaltspunze 800 und Wiener Tukankopfpunze, verwendet in Wien nach 1922 © Dorotheum, Wien
Die Geschichte von Alice Urbach (1886 – 1983), die unter Hitlers Regime die Rechte an ihrem 500-seitigem Kochbuch verlor, ist nun endlich aufgearbeitet worden. In den 1930er Jahren war sie eine erfolgreiche Konditorin in Wien und Bestseller-Autorin mit einer eigenen Kochschule. Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 emigrierte sie nach England, wo sie sich in den Kriegsjahren um jüdische Flüchtlingskinder kümmerte. Erschütternd und unglaublich bewegend wird die Geschichte einer Frau erzählt, die mit ihrer Leidenschaft für das Kochen die Schrecken des Zweiten Weltkriegs überlebte. Die Erstauflage von 1935 wird heute für rund 500 Euro gehandelt, das mit der Autorenbezeichnung Robert Rösch bezeichnete Kochbuch von Alice Urbach, wo teilweise jüdische Gerichte explizit weggelassen wurden, kann heute um rund ein Sechstel erworben werden. Sind Sie sogar glücklicher Besitzer dieses weit verbreiteten Kochbuches und kochen seit Jahren dannach ohne die Geschichte der Autorin zu kennen? Auch sie erwähnt die Bridgebissen:

Bridgebissen

Abbildung: „Bridgebissen“ aus Alice Urbach, So isst man in Wien, 1935

„Eine Abart von belegten Brötchen, in letzter Zeit modern, aber noch nicht allgemein geworden, sind die sogenannten Bridgebissen. Wie schon ihr Name sagt, werden sie nur in Bissengröße angefertigt, so daß eifrige Spieler, ohne das Spiel zu unterbrechen, sie auf einmal in den Mund stecken können. Damit kein Besteck benötigt wird, werden sie an Zahnstocher gesteckt, die zum Anfassen dienen [. . .]. Das als Unterlage dienende Weiß- oder Schwarzbrot wird meistens ausgestochen oder sehr zierlich geschnitten. Die verschiedensten pikanten Kleinigkeiten dienen als Auflage. Die Bridgebissen pfleget man in Papierkapseln zu stecken, so daß sie das Aussehen kleiner Dessertbäckereien haben. Sie werden meistens nach der Fertigstellung mit kaltem flüssigem Aspik rasch überzogen.“ (Quelle: Alice Urbach, So kocht man in Wien!, Wien 1935)

Abbildung: Wirtschaftskunde

Zur Fotografin Ilona Kiss (Studio ILKA) ist bisher nur wenig bekannt. Sie fotografierte für Josef Hoffmann und die Wiener Werkstätte und nahm an Ausstellungen der internationalen Foto-Avantgarde teil.

Literatur: Die Sammlung Schedlmayer, Katalog zur Ausstellung im Leopold Museum, S. 112.