„Das Auge isst mit“, Interview mit der Tafelkulturistin für Ö1 – Moment Kulinarium

Fürstenberg

„Das Auge isst mit“, Interview mit der Tafelkulturistin für Ö1 – Moment Kulinarium

MOMENT – LEBEN HEUTE

Es ist angerichtet. Wie Speisen auf den Teller kommen

Der erste Eindruck zählt, auch beim Essen. Mit den Augen kontrollieren wir, ob ein Lebensmittel appetitlich aussieht oder verdorben. Wer ein Gericht besonders ansprechend servieren will, achtet auf die Harmonie der Farben der Komponenten, auf Größe und Farbe der Teller und in welcher Form und Anordnung die Bestandteile darauf angeordnet sind. Regeln für „richtiges Anrichten“ gibt es kaum – es reicht von der einfachen Garnitur mit gehackten Kräutern oder einer knallroten Himbeere bis zu ausgefeilten Kunstwerken, wo Keimsprossen mit Pinzetten auf dem Teller drapiert werden.

Gestaltung: Johanna Steiner

Ausstrahlung: Freitag, 23. Dezember 2022, 15.30h, Ö1, Moment Kulinarium

Worüber haben wir in dem Interview gesprochen?

Über das 1x 1 des Anrichtens, das somit strukturierte Chaos am Teller.

Die hohe Schule des Anrichtens spricht vom Mittigen anrichten und man solle den Teller wie eine Uhr betrachten: Kohlenhydrathe liegen auf 11 Uhr, das Gemüse auf 2 Uhr, Proteine auf 6 Uhr. Ist Ihnen das als Gast schon mal aufgefallen?

Um eine Ordnung auf den Teller zu bringen, wird Folgendes gelehrt:

5 Tipps zum Anrichten in der Gastro

  • #1 Ungerade Mengen sehen besser aus. … (bis 5)
  • #2 Gestapelte Lebensmittel sehen besser aus. …
  • #3 Nur essbare Dinge gehören auf den Teller. …
  • #4 Erst die Soße, dann das Fleisch. …
  • #5 Der Tellerrand gehört dem Gast.

Als Merkmale von gutem Geschirr gelten bis heute folgende Kriterien:

  • Verstärkte Kanten
  • Gute Stapelfähigkeit
  • Schnitt- und kratzfest
  • Spülmaschinen- & Mikrowellenfest
  • Hohe Schlagfestigkeit
  • Geruchs- & geschmacksneutral

Eine Zeit lang hatten wir die Mode der am Stiel gebogenen Löffel als Tellereratz zu verwenden. Wer erinnert nicht solcherlei Einladungen, wo ich als Gast in Verlegenheit geriet nicht zu wissen, wohin ich den abgeschleckten Löffel nach Verwendung legen sollte. Nicht in die eigene Tasche war die Devise.

Die Idee, die kleinen, hitzebeständigen Weck Gläser mit unterschiedlichsten Leckereien zu befüllen, hat sich auch wieder gelegt.

weck_glas

Nun lassen Gastronomen gerne die Tellerspiegel leer und garnieren nur die Tellerfahne. Darauf nimmt die Porzellanmanufaktur in Fürstenberg bereits Rücksicht und hat einen eigenen Gourmetteller entwickelt. Bis dahin war die Fahne eine Sakrileg: Die gehört nämlich dem Gast.

Abbildung: Gourmetteller „Carlo“ von Fürstenberg mit extra breiter Tellerfahne zum Garnieren der Speise, Dm 29 cm (Quelle: Fürstenberg Porzellanmanufaktur)

Wie nennt man Garnieren von Speisen?

Im Deutschen meint man mit Garnitur das Verzieren, Dekorieren von bereits fertigen Speisen und Getränken. Im Französischen kann mit Garnitur auch die Beilage gemeint sein, und in den angelsächsischen Ländern ist mit garnish die Beilage zu Fleisch und Fisch gemeint.

Kleine Geschichte des Anrichtens:

Die wirkliche klassische Kochkunst entstand erst unter Ludwig XIV. und entwickelte sich von da an ständig weiter. Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts prägte der berühmte Koch Marie-Antoine Carême (1784-1833) die französische Küche. Der König der Köche entwickelte äußerst schwierige Rezepte und legte besonderen Wert auf das Anrichten der Speisen. Er war der Wegbereiter der französischen Haute Cuisine und gilt als Erfinder der Kochmütze. Die französische Küche etablierte sich schnell als die gehobene Küche und eroberte Europa und Amerika. Noch heute zeugen viele französische Bezeichnungen wie beispielsweise Mise en Place von dem hohen Stellenwert der französischen Küche.

Ab dem 20. Jahrhundert entwickelt sich die Haute Cuisine immer weiter. Spitzenköche wie Georges Auguste Escoffier (1846-1935), der Schöpfer der modernen Kochkunst, setzen auf die geschmackvolle Vollendung der Speisen. Die Menüabfolgen werden im Detail ausgearbeitet und ästhetisch angerichtet. Der berühmte Paul Bocuse (1926-2018) gilt dabei als einer der wichtigsten Wegbereiter der Nouvelle Cuisine. Der Koch des Jahrhunderts prägte die französische Küche wie kaum ein anderer und aus seiner Küche ging eine Vielzahl von Sterneköchen wie auch Eckart Witzigmann oder Heinz Winkler hervor.

Ich bedanke mich bei Johanna Steiner für das Interview. Unter Mitwirkung von

honey & bunny

Stefanie Herkner (Herknerin)

Oliver Mohl Hausbar

Nachzuhören unter:

MOM 221223 Moment – Kulinarium

Ich bedanke mich herzlich bei, ORF Radio Österreich 1, dem Producer Alexander Bachl und der Redakteurin Johanna Steiner, dass ich das Tondokument vom 23. Dezember 2022 auf meine Website stellen darf.