Der Juwelier Moritz Oesterreicher
Der Silberschmied Moritz Oestereicher (1870 – 1956) hatte in Wien I, Am Graben 7 in nächster Nähe zu einer der ältesten Apotheke Wiens „Zum schwarzen Bären“ sein Gold- und Silberwarengeschäft. Er heiratet laut Familienangaben im Jahre 1898 Hermine Deutsch (Trnava 1875 – 1955 Zürich) und begründet seine Familie mit zwei Söhnen: Jacques (Wien 1899 – ) und Otto. Im Wiener Gold und Silberschmiedelexikon von Waltraud Neuwirth aus dem Jahre 1977 wird der Betrieb von Moritz Österreicher nach seiner Gründung im Jahre 1895 in Wien II, in der Asperngasse 2 (1896 – 1908), weiters in Wien II, in der Praterstrasse 18 (1903 – 1914) und in der Wipplingerstrasse 29 (1918 – 1922) geführt. 1935 ist die Adresse am Graben 7 belegt. Die Kriegswirren des 2. Weltkrieges zwingen die Familie nach Zürich zu emigrieren, wo Moritz Oestereicher 1956 stirbt. In meinem Fundus hat sich dieser wunderbar gestaltete Firmenkatalog aus dem Jahre 1935 erhalten.
Der nur 17 Seiten umfassende Katalog feiert das 40 jähriges Firmenjubiläum am Graben 7 in Wien und dokumentiert die Besonderheit der Tätigkeiten: „Neufassung alter Schmuckstücke zu modernen Juwelen“, „Geschenke für die Dame“ und die „Silberschmiedewerkstätte“ nach Entwürfen von Otto Prutscher. Der aufwendig gestaltete Titel mit Silberpapier zeigt das Ladengeschäft mit sechs großzügigen Auslagenfenstern und einem an der Ecke gelegenen Eingangsportal. Die Fassade ist mit Pilastern und Marmor strukturiert. Die Rückseite des Einbandes zeigt die prominente Geschäftslage in der Wiener Innenstadt nächst dem Stephansdom in aufwendiger Reliefdrucktechnik.
Abbildung: Rückseitiges Detail des Firmenkataloges von Moritz Oesterreicher, Wien 1935, Druck: Brüder Rosenbaum Wien V. (Quelle: Annette Ahrens Tafelkulturistin, Wien)
Abbildung: Geschäftsportal am Graben 7, Detail des Firmenkataloges von Moritz Oesterreicher, Wien 1935, Druck: Brüder Rosenbaum Wien V. (Quelle: Annette Ahrens Tafelkulturistin, Wien)
Abbildung: Silberschmied Moritz und Hermine Oesterreicher in Zurich, ca. 1953 (Quelle: www.cs.technion.ac.il/~janos, download Dezember 2024)
Abbildung: Grabmahl von Hermine (1875 – 1955) und Moritz (1870-1956) Oesterreicher am Jüdischen Friedhof, Oberer Friesenhof Zürich, ca. 1953 (Quelle: www.cs.technion.ac.il/~janos, download Dezember 2024)
Die Reichspost von 31. März 1931 schreibt tatsächlich über den Erfolg des an König Zogu I. von Albanien gelieferten Galaservices, welches in den Verkaufsräumlichkeiten in der Wipplingerstrasse 29 von 29. März bis 2. April 1931 ausgestellt wurde:. Das für 60 Personen konzipierte Service umfasste 2 200 Stücke, welche in 6 Monaten aus 360 kg Silber gefertigt wurden. Im selben Jahr im Oktober 1931 wurde sogar ein Mordanschlag auf den König vor der Oper in Wien versucht.
Quelle: ÖNB, Anno, Reichspost von 31. März 1931
Abbildung: Otto Prutscher (Wien 1880 – 1949), 6 silberne Gabeln, Moritz Österreicher, Wien, um 1935, rückseitig gemarkt Oesterreicher Wien, Silberfeingehaltspunze Tukan, 800, L. 17,9 cm (Quelle: Dorotheum Wien, 23.3.2018)
Belegte Objekte der Silberschmiedewerkstätte von Moritz Oesterreicher
Abbildung: Otto Prutscher (Wien 1880 – 1949 Wien), „Kandelaber“, Ausführung: Österreicher, Wien, um 1930, Silber, auf der Platte gemarkt mit „ENT. PROF/OTTO PRUTSCHER“, „ÖSTERREICHER/WIEN“, „1213“ und Exportpunze; 5 abnehmbare Tüllen, H. 14,5 cm
Otto Prutscher entwarf zwischen 1925 und 1935 viele Gebrauchsgegenstände für den international bekannten Juwelier Österreicher (später Ostier), von denen heute ungefähr 40 bekannt sind. Unser Kandelaber stammt aus der Zeit um 1930 und ist ein besonders gutes Beispiel für deise Zusammenarbeit. Prutscher hielt am Grundaufbau eines barocken Kerzenhalters fest und verwandelte ihn durch Einsatz moderner Oberflächenbearbeitung und verspielter Reduktion ein ein zeitgemäßes Designobjekt. ( Quelle: Auktionshaus Im Kinsky, Dezember 2024)
Abbildung: Otto Prutscher (Wien 1880 – 1949), Silbernes Salzfass aus der Sammlung Schedlmayer, Moritz Österreicher, Wien, um 1935, gemarkt Silberfeingehaltspunze Tukan, 800, Signet des Ausführenden, Oesterreicher Wien, Nummer 141 und Entw. Prof. Otto Prutscher; Höhe: 6,2 cm, Länge: 8,7 cm. (Quelle: Dorotheum Wien, 30.6.2022, Lot 1, siehe Otto Prutscher Archiv, 1357; Duit, Schedlmayer, Otto Prutscher, Band 2, S. 199, Nummer 216.)