Die Firma von Arnold Wolkenstein & Samuel Glückselig, Stumpergasse 45, 1060 Wien

Die Firma von Arnold Wolkenstein & Samuel Glückselig, Stumpergasse 45, 1060 Wien

Um 1850 erfand man in Europa „plattierte“ Ware, die an die Tradition silbergeschmiedeter aristokratischer Tafelkultur anschloss. Diese Gegenstände waren deutlicher günstiger im Materialwert, da eine Kupfer-Nickel-Zink-Legierung mit einer Silberschicht nur fein überzogen wurde. Speziell für bürgerliche Haushalte und Luxus-Hotelbetriebe wurden diese begehrten Objekte der Tafelkultur produziert. Zu diesen in Wien tätigen Firmen gehörten auch Wolkenstein & Glückselig. Der klingende Name ist mir immer schon aufgrund seiner Originalität aufgefallen und ich hatte richtig vermutet, dass die Familie nach 1938 Wien verlassen musste.

Arnold Wolkenstein und Samuel Glückselig

In den Adressbüchern wird am 26. Februar 1900 in der Stumpergasse 45 eine Alpakka – Chinasilber- und Silberwarenfabrik auf Arnold Wolkenstein und Samuel Glückselig eingetragen. Anschliessend zog das Unternehmen nur zwei Straßen weiter: in die Bürgerspitalgasse 6-10. In der Mitte der 20er Jahre sind die Einträge für die Fabrik dann zu Ende. In österreichischem Privatbesitz ist seit 2024 ein umfangreicher 5sprachiger Warenkatalog von Wolkenstein & Glückselig verwahrt, der nach Berechnung der Kronenpreise und der Berücksichtigung der Inflation um 1905 datiert werden kann. Ich bedanke mich herzlich bei dem Besitzer für die Zusendung der Fotos.

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Abbildung: Titelblatt eines Warenkataloges der Wiener Chinasilber-Werke Wolkenstein & Glückselig Wien Bürgerspitgasse Nr. 6-10, Fabriken für kunstgewerbliche Metallwaren, 96 Seiten, undatiert, wohl um 1905 (Privatbesitz A.H.)

Firma Lenkwerk

Ein mit „Lenkwerk“ bezeichnter Katalog über kunstgewerbliche versilberte Metallwaren (Chinasilber) aus dem Jahr 1928 zeigt Produkte dieser Metallwarenfabrik an gleicher Adressse, in der Bürgerspitalgasse 6-10, in 1060 Wien, welche vormals Wolkenstein & Glückselig gehört hatte. Die beiden erhaltene Kataloge zeigen die gleiche Fabrik mit jeweils unterschiedlichen Aufschriften. Dieser bei der Druckerei Chwala gedruckte Katalog ist in vier Sprachen verfasst: Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Viele namhafte Firmenkataloge der Mitbewerber wurden auch bei August Chwala gedruckt. Dieser schon bei Glückstein & Wolkenstein ausgeführte Aufsatz von Margold konnte nun auch mit der Lenk-Marke in einer Wiener Privatsammlung festgestellt werden. Lediglich das Bein unterscheidet sich in seiner Form der Aufwölbung.

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Abbildung: Josef Emanuel Margold, Tafelaufsatz, Entwurf: um 1913/14, Detail der Marke: „LENK AUSTRIA“, Ausführung: Fa. Lenk, um 1920, Messing, versilbert; H. 12,3 cm, Dm. 26 cm (Quelle: Privatsammlung Wien, 2022)

Abbildung: Auszug eines Warenkataloges der Wiener Chinasilber-Werke Wolkenstein & Glückselig Wien Bürgerspitgasse Nr. 6-10, Fabriken für kunstgewerbliche Metallwaren, 96 Seiten, undatiert, wohl um 1905, Modellnummer 2804 „Fruchtschale“ (Privatbesitz A.H.)

Die Buch- und Steindruckerei „August Chwala“

Abbildung: Werbeanzeige von Druck und Verlag Chwala´s Druck, Wien VII, Zieglergasse

Die Buch- und Steindruckerei „August Chwala“ ist von 1898 bis 1927 in Wien nachweisbar (Vgl. 16304296). Dort ist die Firma in der Zieglergasse 6, VII. Bezirk ansässig (Vgl. 16304000). Vgl. auch die ausführliche Firmenanzeige in der Gebrauchsgraphik 1927.
Aus kleinen Anfängen zu einem angesehenen Unternehmen entwickelte sich die Firma Chwala. AUGUST CHWALA, geborener Wiener (…) 1898 ergab sich für Chwala die Gelegenheit, eine kleine Offizin zu erwerben, die unter der Bezeichnung CHWALAS DRUCK firmierte und bald einen erfreulichen Aufschwung nahm (…). Im Jahre 1907 verzeichnete man 17, 1913 24 Mitarbeiter. 1911 konnte man ein eigenes Geschäftshaus beziehen. Auch eine chromolithographische Kunstanstalt wurde angeschlossen (…). Schon früh richtete er sich für Offset ein und stellte auf der BUGRA 1914 illustrierte Kataloge, Prospekte, Diplome und Akzidenzen aller Art nach Entwürfen der bedeutendsten Designer (Moser, Czeschka, Jung, Müllner, Geyer u.a.) aus. 1915 wurde die Firma in eine OHG umgewandelt. August Chwala starb 1931. (Auszug aus: Durstmüller, Band 2, S. 270)

Abbildung: Werbeanzeige der Kunst-Anstalt Chwala´s Druck, Buchdruck, Tiefdruck, Offsetdruck, Wien VII, Zieglergasse 61

Ein berühmter Name verschwand 1978 von der österreichischen Druckerszene: Chwala. Das 1898 gegründete Unternehmen (Wien VII) hatte sich durch erlesene Farb- und Akzidenzarbeiten einen vorzüglichen Namen gemacht. Inhaber der Firma CHWALA’S DRUCK KG waren 1918 der Gründer August Chwala (gestorben 1931), sein Sohn Willibald und Amalie Chwala. Relativ früh beschäftigte man sich auch mit Offsetdruck (1926; 1 Offsetmaschine). (…) Zwischen 1945 und 1948 stand die Firma unter öffentlicher Verwaltung. Nach dem Tod Willibald Chwalas (1951) wurde 1956 eine KG gegründet, der Wilfried Chwala vorstand. (…) 1977 kam es zum Ausgleich, 1978 zum Konkurs (…) (Durstmüller, Band 3, S. 228, ) (Quelle: deutschefotothek.de Zugriff vom 12.1.2020)

Meines Wissens gelangte der sehr interessante Nachlass der Druckerei Chwala im Jahre 2008 ins Museum für Angewandte Kunst in Wien (einsehbar unter MAK, Kunstblättersammlung, Inv.Nr. KI 15854).

Firma Lenkwerk

Abbildung: Ansicht der Fabrik „Lenkwerk“ vormals Wolkenstein & Glückselig, Bürgerspitalgasse 6-10, 1060 Wien, Katalog von 1928, (Privatbesitz FW, Wien)

k. u. k. Knopf- & Metallwarenfabrik Brüder Schneider

Abbildung: Ansicht der Fabrik „Brüder Schneider“ und „Lenkwerk“, Zentagasse 29, 1050 Wien, Abbildung im Katalog von 1928, (Privatbesitz FW, Wien)

Die Übernahme 1918 durch die k.u. k Knopf- & Metallwarenfabrik Brüder Schneider A.G. wird in der Zentagsse 29/ Siebenbrunnengasse 18, in 1050 Wien angeführt. Das zentrale Kontor und Musterlager dürfte jedoch in der Bürgerspitalgasse 8, 1060 Wien gelegen sein. Als Erzeugnisse werden kunstgewerbliche Metallwaren, Massenartikel aus Messing und Kunst-Email für Restaurant- und Kaffeehaus-Einrichtungen und als Neuheit Einrichtungen für Reise-Necessaires erwähnt.

Josef Emanuel Margold für Wolkenstein & Glückselig

Der Architekt, Entwerfer für das Kunstgewerbe und Graphiker Emanuel Josef Margold (* 4. Mai 1888 in Wien; † 2. Mai 1962 in Bratislava) wurde als Schreiner an der Fachschule für Holzbearbeitung in Königsberg an der Eger ausgebildet. Er studierte anschließend an der Kunstgewerbeschule Mainz bei Anton Huber. Von 1906 bis 1909 besuchte er die k.k. Kunstgewerbeschule in Wien. Als Schüler der Akademie der bildenden Künste Wien wird er in der Meisterklasse für Architektur bei Josef Hoffmann genannt. 1908–10 führte er Bauaufträge in Böhmen und Österreich aus. Anschließend wurde er sogar Assistent Josef Hoffmanns an der Meisterklasse und Mitarbeiter der Wiener Werkstätte. Der Darmstädter Verleger Alexander Koch wurde auf ihn aufmerksam und publizierte ab 1907 Margolds Entwürfe in verschiedenen Zeitschriften. 1911 wurde Margold in die Künstlerkolonie nach Darmstadt berufen. 1938 zog er nach Bratislava um, wo er Professor an der Kunstgewerbeschule wurde. Nach weiteren Aufenthalten in Chrudim und Prag zog Margold wieder nach Bratislava, wo er schließlich 1962 starb.

Abbildung: Josef Emanuel Margold, Tafelaufsatz, Entwurf: um 1913/14, Ausführung: Fa. Wolkenstein & Glückselig, Messing, versilbert; Gebrauchsspuren; Glaseinsatz fehlt; H. 12,3 cm, Dm. 26 cm. (Quelle: Dorotheum 2018)

Abbildung: „Fruchtschale, auch als Tortenplatte verwendbar“, Ausführung: Fa. Wolkenstein & Glückselig, Wien, aus DKD 1914, S. 149.

Von diesem Tafelaufsatz ist auch eine Ausführung aus Silber bekannt. Dieser wurde für die Künstlerkolonie Darmstadt 1913 ausgeformt. (Tafelaufsatz gemarkt mit Wiener Silbermarke Dianakopf, Herstellermarke W & G für Fa. Wolkenstein & Glückselig) Der Einsatz scheint hier aus weißem Porzellan oder Milchglas zu sein.

Abbildung: Punze der Wiener Werkstätte, PZ 7673 (siehe Sammlung.mak.at)

Abbildung: Der Darmstädter Verleger Alexander Koch wurde auf Margold aufmerksam und publizierte bereits ab 1907 Margolds Entwürfe. Auch der Buchdeckel der Zeitschrift Innendekoration geht auf seinen Entwurf zurück.

Abbildung: Henkeltablett, Katalogauszug „Lenkwerk“ vormals Fa. Wolkenstein & Glückselig, Wien 1928, Seite 195 (Quelle. FW, Wien Privatbesitz).

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Dieses Henkeltablett und den rechten Fruchtkorb mit der Modellnummer 4449 biete ich in meinem Onlineshop zum Verkauf an. www.annette-ahrens.at/onlineshop

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Abbildung: Fruchtkorb, Katalogauszug „Lenkwerk“ vormals Fa. Wolkenstein & Glückselig, Wien 1928, (Quelle: FW, Wien Privatbesitz).

Literatur:

Artur Roessler: Zu den Arbeiten von Emanuel Josef Margold. In: Deutsche Kunst und Dekoration, Bd. 31, Oktober 1912 – März 1913, S. 390–435