Hat die Queen je mit der Hand gegessen?
Die Tischgesellschaft zählt am britischen Hof stets als elitäre Zeremonie. Queen Elizabeth II. veranstaltete in ihrer Regierungszeit rund 100 Staatsbankette im Buckingham Palast, nur 18 solcherlei Einladungen in Windsor und zwei im geliebten Schottland. Die Pflege der Gastfreundschaft zählt zu den wichtigen Pflichten des Monarchen. Gründe für Feste gibt es zahlreiche: Krönungen, Jubiläen und sogar auch militärische Siege. Zu den familiären Höhepunkten zählen Geburten wie Hochzeiten. Die Queen hat das letzte Wort bei der Menufolge, der Gästeliste und der Tischordnung. Ursprünglich galt den Hofbediensteten die Nähe zum Souverän als begehrenswert. So kam dem Bedienen, Fleischzerlegen und Vorkosten eine besondere Rolle zu.
Das Tischdecken beginnt mindestens zwei Tage vorher. Der eigene Beruf des „Table deckers“ ist mit einem Team von 8 bis 10 Personen im königlichen Haushalt gesichert. Ein Team obsorgt die Silberkammer, das andere die Porzellankammer. Königin Viktoria hatte immerhin fünf Tischdecker. Jedem Gast werden 46 cm Hantier-Radius zugesprochen. Pro Gedeck sind zwei Messer und zwei Gabeln vorgesehen. Linker Hand befindet ein kleiner Porzellanteller für das Buttermesser und einer Glasschale mit Butter Aufstellung. Da der Teller des ersten Ganges vorgewärmt serviert wird, wird beim britischen Hof kein Teller eingedeckt. Ein silberner Platzteller wäre ein fauxpax bürgerlicher Herkunft. Bei Hof hat man stets vom silbernen oder vergoldetem Teller direkt gespeist. Teilen muss man sich als Hofgast nicht nur das Salzfass sondern auch die Menukarte. Teilen aber nur mit einem seiner Nachbarn.
Tische: Eine hufeisenförmige Tafel in den Maßen 23 x 8,5 m erscheint für den Ballsaal im Buckingham Palace, der aus dem Jahr 1850 stammt, ideal. Die Nähe zur Küche erleichtert dessen Bewirtung in warm essbarer Temperatur. Im Hauptbuch ist jedes Palastmenu minutiös eingetragen. Darüber hinaus wird ein genaues Diagramm mit Tischplan gezeichnet.
Der Bankett-Tisch in Schloss Windsor wurde 1846 hergestellt und misst 53 Meter. 68 Platten aus kubanischen Mahagoni können eingesetzt werden. Höchstens 160 Gäste findet dort Platz. Die Oberfläche ist derart poliert, dass sich Teller wie Gläser wunderbar spiegeln und so zum Glanz der Tafel bestens beitragen. Das Beitragsbild zeigt ein Mitglied der Konservierungsteams beim Wienern der Tafel in der St. George´s Hall in Windsor Castle. (Fotoquelle: Ian Jones für „For the Royal Table. Dining at the Palace.“, London 2008, Bildrechte liegen bei der Royal collection HM Queen Elizabeth II.).
Buffets: Große Silberbuffets säumen die Tafel, sie dienen als Stellvertreter der Macht und zeugen vom Reichtum des Königsreiches. Sie hatten rein dekorative Zwecke und wurden nie zum Speisen benutzt. Bereits unter Heinrich VIII. sind diese Silberbuffets dokumentiert und blieben meist noch drei Tage stehen um die Neugier öffentlicher Besucher zu befriedigen.
Courtesy: Tafeldecken in der St. George´s Hall in Windsor Castle, Königin Elizabeth II. inspiziert die gedeckte Tafel, Foto: Ian Jones, 2008.
Leuchter: Vor Queen Elizabeth II. kommt der größte aller Beleuchtungskörper mit Kerzen zu stehen. Dieser misst bis zu 1,25 m. In Schloss Windsor misst ein Leuchter 1,5 m und zeigt den Heiligen Georg mit dem Drachen. Das Department muss für ein Diner mit 100 Kerzen, die mindestens 30 cm lang sein müssen, vorsorgen.
Tischwäsche: Der Tisch bei Staatsbanketten im Buckingham Palace ist bis zu 68 Meter lang. Meist werden sieben Tücher von feinstem Damast aneinander und übereinander gelegt. Es gibt kein Tischtuch in dieser Gesamtlänge. Das Tischtuch an der Stirnseite am Tisch der Queen wird zu einer Rose gerafft. Meist stammt das Leinen der königlichen Tafel aus Irland. Das älteste Tischtuch im royalen Haushalt stammt aus dem Jahr 1821, dort wurde sogar der Fabrikant „J.W. Coulson aus Lisburn“ eingewebt. Für den Obstgang oder unter die Fingerschalen werden nur kleine Servietten, allerdings mit der Monogramm-Stickerei „E II R“ vorgelegt. Manche Einladungen sehen auch einzelne runde Tische vor.
Serviette: Die Faltung im Buckingham Palast erinnert an holländische Trachtenhauben. Jede einzelne dieser großen quadratischen Servietten wird vom Verwahrer von Hand gefaltet.
In Windsor ist die Serviette aufwendiger gestaltet. Sie hat die hohe Form einer Helmzier, welche dem Prinzen of Wales nachempfunden ist. Jede Position der Serviette wird vom „Table Decker“ mit dem Zollstab nochmals genau nachgemessen.
In Windsor wird kein Tischtuch aufgelegt, da die Engländer eine besondere Tradition von Mahagoni furnierten Tischen pflegen. Diese polieren sie händisch oder der mit Filzschuhen ausgerüstete Butler verleiht dem Tisch einen Hochglanz. Nicht verwunderlich, dass sich die goldenen Teller, das vergoldete Besteck und das Licht in den aufwendig geschliffenen Gläsern spiegelt.
Wenn die Queen anwesend ist, beginnt die Ranghöchste zu essen oder das Brautpaar?
Grundsätzlich beginnt und beendet die Monarchin das Essen. Sie hat auch immer das erste Wort. Sie ist die Erste , die sich setzt und die erste die aufsteht. Sie ist aber stets bedacht mit einem Blick in ihre nähere Umgebung abzuchecken, ob ihre Gäste schon fertig sind. Glücklicher Weise ist sie eine langsame Esserin, daher muss kein Gast ausgesprochen hungrig nach Hause gehen. Die Konversation richtet die Monarchin laut dem Royal Butler Grant Harrold zuerst an den rechten Nachbarn, anschließend an den Gast zu linker Hand. So kommt jeder in die Gunst ihrer Aufmerksamkeit.
Die Sitzordnung sieht vor, dass die Braut rechts vom Bräutigam sitzt. In nächster Nähe die Eltern und Großeltern. Links neben dem Bräutigam sitzt die Brautmutter. Die folgenden Gäste sollten in Abwechslung mit ihrem Geschlecht sitzen. So sieht es die Rangordnung der britischen Monarchie vor. Wo die Hunde der Queen diesmal sitzen ist nicht klar. Normalerweise sitzen sie zu Füssen bei Tisch.
Königin Viktoria hatte die Angewohnheit bei offenem Fenster zu speisen. Dies hatte zur Folge, dass sich Gäste oftmals beklagten, dass ihnen kalt sei. In Großbritannien wohl keine schwere Übung. Ja und tatsächlich hat die Queen bei einem Staatsbesuch in Marocco von Hand gegessen. Obwohl Besteck auf dem Tisch in einem Wüstenzelt vorgesehen war.
Courtesy: Queen Elizabeth II. eats with her hands with King Hassan during her visit to Morocco on October 27, 1980